|
Während der Biedermeierzeit war das Bestreben nach besonders flachgebauten Taschenuhren auffällig;
in der Mitte des 19.Jahrhunderts findet man selbst Repetieruhren, die extrem flach sind.
Um 1845 ersetzte der Bügelaufzug (der Remontoiraufzug) den Schlüssel bei Taschenuhren. Aufzug und
Zeigereinstellung der Schlüsseluhren wurden als sehr unbequem empfunden und man ersann
Verbesserungen, von denen sich das von Adrien Philippe (1815-1894) eingeführte System des
Remontoiraufzugs durchsetzte. Philippe war Mitbegründer der weltberühmten Genfer Uhrenfabrik
Patek, Philippe & Co., die dort um 1850 neben der Uhrenfabrik Vacheron & Constantin zu den
leistungsfähigsten zählte. 1845 gründete Ferdinand Adolf Lange (1815-1875) die Glashütter
Uhrenindustrie und wenig später Eduard Eppner und Gustav Becker die schlesische Uhrenindustrie,
die beide Präzisionsuhren fertigten. Die frühen Glashütter Präzisions-Taschenuhren hatten noch den
englischen Stiftankergang, seit 1855 verwendete Lange seine Glashütter Kolbenzahnankerhemmung.
In Glashütte entstanden auch die ersten technisch komplizierten Taschenuhren Deutschlands. 1861 baute
Lange die >>Se conde-morte<<-Taschenuhr, eine Kleinuhr mit springender Sekunde. 1863 wurden die
ersten Glashütter Chronographen, das sind Präzisionsuhren mit Stoppeinrichtung in neuer Ausführung
(Starten-Stoppen-Nullstellung) fabriziert. 1870 entstanden die Lange-Repetieruhren, um 1890 die
>>Grande Complication Sonnerie<<, eine Savonetteuhr. Diese Uhr schlug Stunden und Viertel
automatisch und wiederholte bei Betätigung eines seitlichen Drückers sämtliche Schläge. Später baute die
Uhrenfabrik A. Lange & Söhne die ersten deutschen Tourbillons. Tourbillons sind Drehganguhren; bei
ihnen dreht sich der Ankergang auf einem Karussellartigen Gestell. Dadurch wurde die Ganggenauigkeit
der Uhr weitgehend unabhängig von ihrer Lage.
Die moderne Drehganguhr, gefertigt von Hans Apel (Werkstatt Alfred
Helwig der Glashütter Uhrmacherschule).
Hohe Anforderungen an den Gang einer Uhr wurden bereits zu
Beginn des 18.Jahrhunderts in der Seefahrt gestellt. Mit Hilfe
einer Uhr konnte die Position des Schiffes mehr oder weniger
genau festgestellt werden. Die freie Chronometerhemmung
(Feder- oder Wippenhemmung) entsprach als freieste
Uhrhemmung den Anforderungen am ehesten. Erfunden von Pierre Le Roy (1717-1785) um 1763, von
den Uhrmachern Berthoud, Breguet, namentlich aber von den Engländern Earnshawe und Arnold um
1782 verbessert, ist sie bis zum heutigen Tag die geeignetste Hemmung für mechanische
Schiffschronometer geblieben.
Merkwürdig in der Geschichte der Uhren war es nun, daß sich die einzelnen Länder auf die Herstellung
ganz bestimmter Uhrenarten spezialisierten. So entwickelte sich in der Schweiz die Fabrikation der
Taschenuhren, in Frankreich waren es runde Uhrwerke für die Pendulen, in England insbesondere die
Bodenstanduhren (Grandfather Clocks) und in den Niederlanden die friesischen Wanduhren, die
»Stooluhren« (Stoeltje Klokken), die in ganz Friesland in kleinen
Hausindustrien gefertigt wurden . In Deutschland und Böhmen
gehen die Ursprünge dieser Hausindustrie auf das beginnende
17.Jahrhundert zurück. Uhren aus Holz, die später in der ganzen Welt
unter dem Namen »Schwarzwälder Uhren« bekannt wurden, waren
zunächst im badischen Schwarzwald von Bauern gefertigt worden.
Hieraus entwickelte sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts die
eigentliche Schwarzwälder Uhrenindustrie.
Die älteste Kuckucksuhr aus Furtwangen, wahrscheinlich im Jahr 1760
gebaut. Sie ist im dortigen Museum zu sehen. Als Erfinder gilt der Uhrmacher
Anton Ketterer.
Die frühen Schwarzwälder Uhren hatten Stundenschlag, später
Viertelschlag. Anfangs waren die Glocken aus Glas; viel später erst
wurden Bronzeglocken verwendet. Bei den Zifferblättern überwogen
18
|
|